WiYou.de – Ausgabe 04/2022

bevor sie die Ausbildung begonnen hat. Er habe friedlich ausgesehen. „Man muss das können und kann das meiner Meinung nach nicht antrainieren. Aber ich glaube, das weiß man schon vorher, ob man damit umgehen kann. Ich weiß zum Beispiel, dass ich keine Altenpflegerin werden könnte.“ Zur Berufsschule geht sie in Bad Kissingen. Dort ist Svenja immer blockweise für zwei bis drei Wochen, insgesamt neun bis elf Wochen pro Lehrjahr. In drei zusätzlichen Lehrgängen an der TheoRemmertzAkademie in Münnerstadt behandeln sie dort Themen wie Trauerpsychologie und Grabmachertechnik. Im Letztgenannten hat sie auf dem einzigen Lehrfriedhof Deutschlands gelernt, Gräber auszuheben und das An und Ausschlagen von Särgen. Auch im Bestattungsinstitut in Erfurt arbeitet Svenja in der Sargwerkstatt, wo sie die vorgefertigten Särge noch mit einer Bordüre verziert. Zur Grabmachertechnik gehört auch, dass die Auszubildenden lernen, wie die Kremationsöfen für die Feuerbestattung funktionieren und welche gesetzlichen Vorschriften gelten. Der dritte Lehrgang befasst sich mit der hygienischen Versorgung. Dazu gehört unter anderem das Waschen und Herrichten des Körpers, aber eher nicht das Schminken, wie Svenja nochmal betont. Auch wie man den Mund verschließt, lernt und übt sie dort. „Aber nicht so wie in Horrorfilmen, sondern von innen, damit er zu bleibt, und man die Nähte nicht sieht“, wirft Svenja sofort ein. „Hier sollte man keine Berührungsängste haben. Für die Lehrgänge werden oftmals echte Verstorbene verwendet, die sich vor ihrem Tod dafür bereit erklärt haben. Ansonsten nutzen wir Übungshaut.“ Neben den praktischen Lehrgängen, spielt auch die Theorie eine große Rolle. „Wir lernen viel über verschiedene Religionen und Traditionen und deren Bestattungen. Aber auch viel Wirtschaftliches: Buchführung und Gesetze, insbesondere das Bestattungsgesetz.“ Wie emotional ihr Beruf ist, kommt laut Svenja auf den Sterbefall an: „Das ist nie gleich. Auch die Angehörigen reagieren immer anders. Was einen mitnimmt, sind natürlich plötzliche Todesfälle oder wenn Kinder sterben. Aber das muss man auch irgendwie ablegen, denn wenn man seine Arbeit emotional mit nach Hause nimmt, ist es nicht das Richtige für einen. Mitfühlend zu sein in diesen Moment ist natürlich ganz, ganz wichtig, aber man darf es nicht mit sich herumschleppen.“ (sa) Bestattungsfachkräfte holen die Verstorbenen ab, überführen sie und planen und gestalten die Trauerfeier. Sie kümmern sich auch um die hygienische Versorgung und führen Beratungsgespräche. Dauer: 3 Jahre Voraussetzungen: Gutes Deutsch und Redegewandtheit sind für die Beratungsgespräche und für den Schriftverkehr sehr wichtig. Zudem sollte man zuverlässig, flexibel und handwerklich geschickt sein sowie ein Auge für Dekoration haben. Chancen: Es gibt Fortbildungen zum Bestattermeister, Bürokommunikationsfachwirt im Bestattungsgewerbe, Kremationstechniker und zum Thanatopraktiker, der auf die Balsamierung und Präparierung von Toten spezialisiert ist. Bestattungsfachkraft (m/w/d) Auf die Idee, die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft zu machen, ist sie durch ihren Papa gekommen. „Er hat mir das in der neunten Klasse vorgeschlagen, weil ich gar nicht wusste, was ich werden möchte. Und irgendwie ist das hängen geblieben“, erzählt die 21Jährige. „Er wusste, dass ich ein Organisationstalent bin und mich für viele Bereiche interessiere, zum Beispiel für Floristik, was hier ja auch eine Rolle spielt. Ich wollte nicht ausschließlich im Büro arbeiten, sondern Kontakt zu Menschen haben, aber auch nicht in die Pflege gehen.“ Während ihre Eltern ihren Berufswunsch also „total cool“ fanden und begeistert darauf reagiert haben, waren ihre Großeltern im ersten Moment schockiert. „Dann haben sie aber gemerkt, wieviel Spaß mir der Beruf macht und sind jetzt auch sehr daran interessiert“, so Svenja. Wenn sie als Bestatterin unterwegs sei, würden viele Menschen überrascht reagiert, dass eine Frau einen solchen Beruf ausübe. Die meisten seien dann aber einfach sehr neugierig und wollten mehr erfahren. Des Öfteren werde sie deswegen auch unterschätzt, erzählt sie. „Natürlich kann ich als Frau keinen 250KiloMenschen alleine tragen. Aber das können auch die Männer nicht.“ Es sei schon merkwürdig gewesen, als sie zum ersten Mal einen Verstorbenen gesehen habe, erinnert sie sich. Das war während ihres Praktikums, WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 42022 Fotos: Sandra Böhm, Christian Rothe stock.adobe.com Lebenszyklus 39

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